Die Geschehnisse des 26. Juni 2021 in Düsseldorf anlässlich der Demonstration gegen die Einführung eines Versammlungsgesetzes in NRW, bei der auch zahlreiche Mitglieder der Fanhilfe Fortuna anwesend waren, lassen uns keine andere Möglichkeit, als deutlich Stellung zu beziehen und das massive Fehlverhalten der Polizei gegenüber den Demonstrierenden aufs Schärfste zu verurteilen!
Willkürliche Polizeigewalt bei Fußballspielen oder auch Demonstrationen, an denen vornehmlich Personen aus dem linken Spektrum und/oder der aktiven Fußballfanszene teilnehmen, ist leider nichts Neues und ein bereits bekanntes Problem.
Dass die Zugriffsmaßnahmen bei dieser Demonstration allerdings derart niedrigschwellig erfolgten, verwundert doch schon sehr. Die Polizei rechtfertigt ihre Gewaltausübung mit dem Verstoß gegen das Vermummungsverbot. Ein fast schon grotesker, aber gleichzeitig lächerlich anmutender Versuch, wurde doch die Maskenpflicht durch die Demonstrierenden im Wesentlichen diszipliniert eingehalten. Selbst Mütze und Sonnenbrille sind an einem warmen, sonnigen Junitag nichts Ungewöhnliches, wenn man sich stundenlang durch die Stadt bewegt. Verglichen mit dem Grad des Gewährenlassens bei Demonstrationen und Versammlungen gegen die behördlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID19-Pandemie, bei dem Rechtsradikale und Querdenker nahezu unbekümmert flanieren konnten, wirkte das Handeln der Beamten vergangenen Samstag umso absurder.
Nun wurde der Öffentlichkeit wie auf dem Tablett präsentiert, was eben der Kern der Kritik der Gegner des Versammlungsgesetzes NRW ist: Es hat sich gezeigt, dass „mehr Eingriffskompetenz“ nicht gleich „mehr Sicherheit und/oder Ordnung“ bedeutet. Damit dieses Missverständnis in den medialen und politischen Fokus gelangt, musste erst ein Journalist – dem wir an dieser Stelle unsere Solidarität aussprechen und beste Genesungswünsche übermitteln – die Härte des Polizeiknüppels („Einsatzmehrzweckstock“, § 58 Abs. 4 Var. 1 PolG NRW) spüren. Ein absolut unhaltbarer und in seiner Dramatik kaum zu unterschätzender Vorgang. Des Weiteren wurden neben dem Pressevertreter unzählige Teilnehmende des gesamten Zuges ebenfalls verletzt und stundenlang in willkürlichem Gewahrsam festgehalten. Jeglicher Zugang zu Sanitäts- und Rechtshilfe wurde diesen zudem verwehrt und grundlegende Bedürfnisse wie z.B. Wasser und Nahrung ausgeschlagen. Unverständlich sind aus unserer Sicht auch die Übergriffe auf die anwesenden Fortuna-Fans, von denen keinerlei Provokationen ausgingen.
Aber worum geht es eigentlich? Schaffte die schwarz-gelbe Landesregierung als erste Amtshandlung in ihrer polizeifreundlichen Legislaturperiode die Kennzeichnungspflicht für Beamte ab, folgte schon bald die Erneuerung des Polizeigesetzes NRW. Mit einem möglichen Versammlungsgesetz NRW könnte ein negativer Höhepunkt erreicht sein.
So soll nun also eine Sicherheitsbehörde mit derart verkrusteten Strukturen (weiter) ermächtigt werden, frühzeitig und großzügiger bei Versammlungen einschreiten zu können, soweit vermeintliche Gefahrenherde aufkommen? Trugschluss! Vielen Polizeibeamten scheint es egal zu sein, ob ihr Verhalten von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist oder nicht; sie legen im Schatten der Sturmhaube und kennungsfreien Einsatzmontur los. Und wenn Unbeteiligte in den Weg geraten, werden Verletzungen dieser anscheinend billigend in Kauf genommen.
Kein Wunder letztlich, dass sich die Beamten zu immer ausufenderen Gewalttaten hinreißen lassen, von der regierenden Politik haben sie schließlich keine Konsequenzen zu erwarten. Haben die jüngst bekannten Vorfälle rechter Strukturen innerhalb der Behörde denn nicht ausgereicht, um zu erkennen, dass dieser Polizeiapparat gründlich überarbeitet und von neutraler Stelle überwacht werden muss?
Und der rechtliche Maßstab? Die Versammlungsfreiheit als kollektive Meinungsäußerungsfreiheit ist ein derart wertvolles freiheitliches Grundrecht, dass seine Beschneidung nur unter Wahrung hoher Hürden möglich sein darf. Die Freiheit journalistischer Betätigung darf in unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung niemals durch ein diffuses Gefühl der Angst, man könne in die Knüppel- oder Schusslinie geraten, mittelbar unterbunden werden. Hieran muss sich jede polizeiliche Betätigung und jede gefahrenabwehrrechtliche Norm messen lassen.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) scheint die Einführung eines Versammlungsgesetzes NRW als Prestigeprojekt zu verstehen. Aber ist ihm dieses „Porzellanstück“ seiner populistischen „law-and-order“-Politik es wert, allein zur Erhöhung seiner Chancen auf Wiederwahl von der nun neuen Gesetzgebungskompetenz auf Landesebene Gebrauch zu machen und durch die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BF/BeSi) derart gewaltsam gegen einen kritischen, außerparlamentarischen Diskurs vorzugehen?
Die Fanhilfe Fortuna steht jedenfalls solidarisch mit allen an diesem Tag Verletzten und Eingesperrten. Wir werden uns mit allen Beteiligten für eine Aufarbeitung der Geschehnisse einsetzen und den Fortgang der Entwicklungen genauestens im Auge behalten.
Fanhilfe Fortuna